Chorfahrt Hamburg 2013

Chorfahrt nach Hamburg vom 18. bis 22.Mai 2013

Gedanken eines Chorleiters

Das allerwichtigste zuerst: Es war (zum Glück wieder einmal und trotz des unfreundlichen Wetters) eine ganz tolle Fahrt !

Mit in der Spitze 56 Mitfahrer/Innen aus dem Chor und von Angehörigen so viele wie nie zuvor, sodass wir uns bei einigen Programmpunkten teilen oder zum Beispiel drei Stadtführer gleichzeitig buchen mussten.

Wie immer gab es zahlreiche musikalische, gesellschaftliche wie touristische Highlights, die man so eben nur in einer Gruppe erleben kann. Wer bekommt z.B. sonst schon die Möglichkeit, an so prominenten Orten wie Dom, Michel oder dem folgenden aufzutreten ?!
Lt. Auskunft unserer supernetten Baustellenleiterin sind wir der erste Chor überhaupt, der im Konzertsaal der neuen Elbphilharmonie gesungen hat (bei unserer Rohbauführung)!
Und Schorsch hat Ihr als Fachmann dafür im Gegenzug gleich mal eine ganze Latte an schadhaften oder schlampigen Bauteilen gezeigt (für die Preisminderungsverhandlungen später)... also eine echte win-win-Situation.
Die fantastische interaktive Ausstellung im Parkhaus des Elbphilharmonie-Rohbaus "Re-Rite - Du bist das Orchester", wo man sich unter Leitung von Esa Pekka-Salonen mitten unter das London Philharmonic Orchester mischen durfte, um Igor Strawinskys Meisterwerk "Sacre du printemps" mit aufzuführen war ein weiteres Highlight der Chortour.
Übrigens gab es dabei sogar die Möglichkeit, sich im 7er BMW hinten in den geheizten Ledermassagesesseln den Probenfortgang auf dem eingebauten Monitor anzusehen, wenn man vom Mitspielen auf Originalinstrumenten (Gran Cassa, Tam Tam..) aus den Musikernoten mal eine Pause braucht...
Der Wettergott ließ leider nicht zu, dass wir unser Konzert "Missionswerk Rheinischer Frohsinn" wie geplant im großen Biergarten des Brauhauses "Ständige Vertretung des Rheinlandes in Hamburg" präsentieren konnten, sondern kurzfristig eine andere Raumlösung für die zudem ja auch noch so überaus zahlreichen kölschen MissionarInnen realisieren mussten. Die ausgelassene Stimmung im Chor, die vielen mutigen solistischen Rampensäue (manche ja sogar das erste Mal öffentlich), Franks spontane Mandolineneinlagen und die super Laune im Chor übertrug sich auch auf die anfangs von unserem Temperament und unserer Stimmgewalt etwas verschreckten nord-/ostdeutschen Kellnerinnen: Missionierung gelungen, kann man nur sagen!
Jedenfalls hat sich der Geschäftsführer nachher bei mir, den Chor überschwenglich lobend, bedankt und sich ein "..Ihr müsst unbedingt wiederkommen!" gewünscht.
In diesem Zusammenhang gilt es besonders, unserem mitgereisten Pfarrer Klaus Kugler ein herzliches Danke zu sagen, denn er hat es sich nicht nehmen lassen, in der STÄV dem großen Chor einige Kränze zu spendieren (gleich nochmal was zum Verhältnis von Pfarrer und Chor).
 
Mit dieser rheinischen Ausgelassenheit mussten dann auch Hamburger U-Bahnfahrer zu leben lernen, die dachten, keine Zeit zu haben, den ganzen Chor in die Bahn einsteigen zu lassen (sondern mit der Polizei drohten, wenn wir nicht endlich voran machen würden).
Vermutlich als kleine Zugabe (oder war es doch der Test für das erwartete Geburtstagsgeschenk) gab Andreas dann in der Bahn eine fast  erotische Vorstellung an der Tanzstange.
Danach liess sich verschmerzen, dass wir wegen des Regens die nächtlichen Wasserlichtspiele im Park nicht besuchen konnten, sondern uns auf Pubs, Bars und Kneipen verteilt haben.
 
Für die meisten nur eine kurze Nacht bis zum Einsingen und dem von uns musikalisch gestalteten internationalen Pfingstgottesdienst in der mystischen Krypta des großen Michel mit NGL und Gospelarrangements. Die ungewöhnliche Akustik des niedrigen Tonnengewölbes führte für manche Chormitglieder zu vollkommen neuen spannenden Hörerlebnissen. Und die gastfreundliche und experimentiermutige (auch bez. des Singanleitens der versammelten Gemeinde) Art des dortigen Kirchenmusikers Norbert Hoppermann (Percussion und Gesang) führte bei der Zugabe am Ende der Messe sogar noch zu einer neuen improvisierten Schlusscoda des Chorstücks "You are my all in all", die uns richtig gute Laune machte.
Vor der Kirche warteten bereits 3 Stadtführer auf uns, um uns zu Fuß wichtige Aspekte der Hamburger Geschichte (architektonische Highlights, Geschichte, Soziales, Skurilles usw) nahe zu bringen.
Der gleiche Tag brachte noch einen weiteren musikalischen Auftritt: im Hamburger Mariendom, dem Sitz des Erzbischofs durften wir unserer spätromantischen Leidenschaft frönen und u.a. Gretchaninoffs "Missa festiva" in die Pfingstliturgie einbringen. Übrigens wie am Morgen ebenfalls in voll besetzter Kirche, was natürlich sehr motivierend war für uns.
Da ich das "Pariser Abenteuer" mit dem Chaos-Organisten in Notre Dame du Travail nach Möglichkeit vermeiden wollte, hatten wir vereinbart, dass uns einer der berühmtesten Organisten Deutschlands  begleitet: Domorganist Eberhard Lauer persönlich. Und das wurde dann auch wirklich ein musikalisches Highlight: ich glaube, Teile des Kyrie und vor allem das Sanctus haben wir noch nie so mitreissend dargeboten!
Zum Thema "Chor und Pfarrer" noch der oben angekündigte Nachtrag: als der Domorganist mit mir vor Beginn in die Sakristei ging, um mich dem bischöflichen Zelebranten vorzustellen, sagte er plötzlich "..den Pfarrer da kenne ich nicht..", worauf ich entgegnete "..ich aber schon!, das ist nämlich unser mitgereister Pfarrer aus Köln". Was Herrn Lauer gewaltig beeindruckt hat, denn bei ihm sei der Bischof in den ganzen Jahrzehnten noch nicht einmal in einer Chorprobe gewesen, um z.B. dem Chor seinen Dank oder Wertschätzung auszudrücken, geschweige denn, mit auf Chorfahrt gefahren.
Zur Entspannung ging es danach in das Szenerestaurant "Schweinske" auf der Reeperbahn zum Abendessen, wo wir, wie fast immer, den halben Laden belegt haben mit unserer Truppe und von ausgesprochen lockeren Kellnern bedient wurden. Für manche klang der Abend anschließend im legendären "Silbersack" (dem "Lommi" Hamburgs aus, wo die Einrichtung unverändert noch von 1946 ist) aus, eine weitere große Gruppe sorgte sich bei einem nächtlichen Picknick im Park darum, dass die mitgebrachten Kekse und Weinflaschen nicht ungenutzt wieder mit nach Köln kommen mussten. Allerdings so effektiv, dass zumindest die flüssigen Teile des Picknicks bei der unerwartet langen Rückfahrt (wegen Totalsperrung der A1 nach LKW-Unfalls haben uns Schorsch und der Busfahrer durch die Münsterländer Landschaft umgeleitet) nicht mehr zur Verfügung standen...

Montag haben wir am Vormittag erst mal eine komplette Barkasse aus dem Bestand von Käpt´n Prüsse für uns allein geentert und sind durch die Speicherstadt und den Hafen geschippert, bis dicht ran an die großen Containerschiffe. Jeanette hatte per Pille für den Wellengang vorgesorgt, den meisten anderen reichten "Flensburger Plop-Mikros", um den Magen gütig zu stimmen.
 
Der abendliche Stadtrundgang durch St. Pauli (Reeperbahn, Schanzenviertel, Große Freiheit, Hamburger Berg uvam) war ein echtes Highlight!
Wir kennen nun den Frisör, der den Beatles den Pilzkopf verpasste und auch heute noch im Untergeschoss seines altertümlichen Ladens nur für Insider intimere Musterschnitte oder Miniplis gestaltet :-); haben den absoluten Insidertipp für ein thailändisches Essen auf der großen Freiheit ("...da steht zwar <privat> dran, aber..."); kennen die wichtigsten Karaoke- oder Jam-Session-Bars;  wissen, wie die auf den ersten Blick undurchsichtige Wanderchoreographie der "Studentinnen" Ecke Spielbudenplatz/ Davidstrasse funktioniert und haben viele andere für diesen Stadtteil überlebenswichtigen Infos erhalten. Der Szene-Rundgang endete im legendären "Herzblut", wo extra für unser gemeinsames Tafeln die Separeevorhänge zurückgezogen wurden :-))
 
Der letzte Vormittag führte einige von uns in die erstaunliche und kontinuierlich wachsende Miniatur-Wunderwelt: einem detailver-liebten Spektakel, längst nicht nur für Eisenbahnfreunde. Andere wiederum suchten ihre unlängst entdeckten Lieblingscafés nochmals auf oder gingen nach Altona auf Shoppingtour zwischen Spezial-Spüllappen und Seidentop...
Nach guter Chorfahrt-Tradition trafen wir uns mittags zu einem beschließenden geistlichen und musikalischen Impuls. Diesmal im ökumenischen Forum Hafencity, wo 19 christliche Kirchen eine gemeinsame Präsenz entwickelt haben, um sich um die Menschen im aktuell und bis geschätzt 2030 wachsenden größten städtebaulichen Projekt Europas zu kümmern. Frau Hufnagel, die selbst mit ihrer Familie in dem angeschlossenen Konvent wohnt und mitarbeitet, erzählte uns sehr persönlich von der Idee der generationen- und religionsübergreifenden Wohngemeinschaften und der Entwicklung des praktischen Tuns nach innen und außen.

Es war aus meiner Sicht eine große Freude, zu erleben, wie die Gemeinschaft des Chores sich umeinander gekümmert und alle integriert hat, egal ob alt oder jung, aktiver Sänger oder Angehöriger, neu im Chor oder schon alter Hase ! Wunderbar!!
Und so eben nicht auf sicher preiswerterer privater Päärchen-Reise zu bekommen.
Ich glaube, das dieses "Mehr" auch der Grund ist, warum die Fahrten des RochusChores immer stärker angenommen werden.
Vielen Dank für die vielfältige Unterstützung im kleinen wie im großen an alle, die genannt (z.B. Lastentaxi Klaus Fischer, die Chorvorstandsmitglieder...) oder ungenannt mitgeholfen haben, dass die diesjährige Chorfahrt zu so einem Erfolg werden konnte!!
Wilfried Kaets